Die Nanomarkierung, die einen Gegenstand mit seinem in einer ethischen Blockchain enthaltenen Digitalpass verknüpft, wird die Welt der Uhrmacherei und des Schmucks über die Sphäre der Marken hinaus überzeugen. Ocode und Phasis begegnen einander an der EPHJ …
Es ist die Geschichte eines französischen Start-up aus Nantes, das sich für Rückverfolgbarkeit und Lösungen zum Diebstahlschutz begeistert und mit einem Spin-off der Universität Genf anbandelt, das bereits Teil der Erfolgsgeschichte des berühmten Genfer Siegels ist. Die beiden verstehen sich prächtig und arbeiten auf Grundlage ethischer Werte zusammen, ohne einander ins Gehege zu kommen.
Ein Paar vereint im Streben nach Einzigartigkeit
Der eine Partner, das europäische Unternehmen Ocode, ist auf der Suche nach gut sichtbaren Stickern, die an öffentlichen Fahrrädern angebracht werden, da diese leider allzu oft verschwinden. Zudem sucht man nach Formaten, die kleiner und subtiler sind als Sticker und auf jeden Gegenstand passen, der gestohlen werden könnte: zum Beispiel ein sechseckiger Schlüssel, auf dem eine Handvoll Punkte wie eine Wolke erscheint und der sich für alle Arten von Markierung eignet. Dieser Schlüssel funktioniert wie ein per Fingerabdruck arbeitender Türöffner: Er ermöglicht den Zugriff sowohl auf das Bild des Gegenstands wie auch auf die Informationen über seinen Herstellungs- und Lebenszyklus oder gar Tipps zur Nutzung, kurzum alles, was seine Einzigartigkeit ausmacht. Dies geschieht durch die Erstellung von Codes und die Mathematik und ähnelt den QR-Codes, die von seltsamen und scheinbar unlogischen Formen durchzogen sind. Das Ganze wird über NFT in einem einbruchsicheren Tresor hinterlegt, nämlich einer privaten Blockchain, die wenig Energie verbraucht und vor allem gegen jegliche Versuchung von Spekulation gefeit ist.
Der andere Partner ist Phasis, ein kleines schimmerndes Juwel aus dem Kosmos der Genfer Universität, das dank seines kontaktfreien Nanogravur-Systems eine technologische Neuerung sein eigen nennt. Diese funktioniert bei jeder Art von Metall, auch den edelsten, zumal das Verfahren keine materiellen Schäden verursacht. Laut L’Usine nouvelle, dem historischen Fachmagazin aus Frankreich, inspiriert sich das Verfahren aus der «Technologie des Rastertunnelmikroskops, die hier ihrem eigentlichen Zweck entfremdet wird um sie als Werkzeug zur Metallgravur einzusetzen. Dieses Verfahren kombiniert elektrochemische Bearbeitung mit Elektroerosion, um die Materie mit einer von einer Drahtelektrode ausgehenden Entladung zu beseitigen; dies entspricht der Funktionsweise des Rastertunnelmikroskops. Und das ist nicht alles: Ein Gel mit metallischen Nanopartikeln umspült die Oberfläche und die Elektrode, so dass die Entladung zur Schmelze der Nanopartikel führt, die sich dann als Legierung auf der Oberfläche der zeitgleich ausgehobenen Form absetzen.»
Zudem lässt sich das Verfahren gut dosieren. «Durch Anpassung der Legierungszusammensetzung kann das Unternehmen Robustheit, bessere tribiologische Eigenschaften, chemische Beständigkeit oder eine einzigartige Rauheit, die als Fingerabdruck fungiert, hinzufügen.» Jorge Cors, Direktor und Mitgründer der Phasis GmbH, ergänzt: «Wir haben hier eine einzigartige chemische Signatur, ähnlich wie jene der Banknoten, die zu ihrer Identifikation Europiumoxyde enthalten. (…) Im Gegensatz zum Laser ermöglicht unsere nanostrukturierende Lösung scharfe Gravuren mit einer Tiefe von mehr als einem Millimeter und einer lateralen räumlichen Auflösung von etwa 100 Nanometern.»
Eine Wolke aus Punkten, die dem Zufall nichts zu verdanken hat
Und so geschieht es, dass Ocode angesichts dieser Generation von scharfen, präzisen, ästhetischen Gravuren, die möglichst durch die Optik eines Smartphones erkannt werden sollen, Phasis das fehlende digitale Glied der Kette anbieten kann. Laut L’Usine nouvelle «besteht der Identifikationsvorgang darin, dass Ocode einen sechseckigen, aus Waben zusammengesetzten Code erstellt.» Danach ätzt Phasis mithilfe seines Verfahrens jede Wabe des Codes durch Tausende von Mikroentladungen auf das zu identifizierende Teil. «Der Ocode lässt sich mit einem einzigartigen Zugangsschlüssel vergleichen, der durch das Vorhandensein oder Fehlen von Waben verändert werden kann», erläutert Nathan Girard, Leiter ‘Innovationsprojekte’ bei Ocode. «Wir haben eine grösstmögliche Anzahl von Waben festgelegt, da mehrere Quadrate für einen QR-Code erforderlich sind, um eine nahezu ‘unendliche’ Anzahl von Ocodes zu erzeugen.»
Beide Unternehmen werden an der EPHJ Fachmesse zum ersten Mal Seite an Seite auftreten. Ihre Allianz zur Bekämpfung von Fälschungen will sich in den Bereichen von Schmuck, Uhren, Lederwaren, Verteidigung, Medizin, Automobile, Luft- und Raumfahrt Gehör verschaffen. Wird ihre erste Teilnahme an der Messe auch zu den ersten Selfies im Palexpo führen? Das versteht sich fast von selbst, denn das digitale Siegel einer neuen Ära lässt sich leicht von den Objektiven der Smartphones einfangen.
www.phasis.ch – www.ocode.fr
Joël A. Grandjean