IPC zertifiziert Handgriffe im Land der Leiterplatte

Auf dem Gebiet der Elektronik wird jedes Schweizer Unternehmen, das einen Auftrag aus dem europäischen Ausland erhalten möchte, von IPC hören. Wir sprechen von Normen, die fortan in Neuenburg im einzigen zugelassenen IPC Training Center der Schweiz unterrichtet werden.

 Joël A. Grandjean

Das erste IPC Training Center der Schweiz entsteht mitten im Lockdown.  Während sein französisches Pendant das 53-jährige Bestehen feierte, hat Pierre Rogé vor kurzem das Recht erworben, als anerkanntes Ausbildungszentrum und in schweizweiter Premiere IPC-Zertifizierungen zu vergeben. Hinter ihm liegt ein wahrer Hindernislauf.

Es gibt so etwas wie eine Elektronik der Spitzenklasse!

Mehr als 3’000 Unternehmen und Einrichtungen, darunter Boeing und Samsung, sind Mitglieder dieses Berufsverbandes, der 1957 in den USA gegründet wurde. Der Verband verfolgt, im Gegensatz zu den ISO-Normen, nicht das Ziel, ein Unternehmen zu normalisieren (oder zu zertifizieren), sondern die Arbeit von Frauen und Männern, insbesondere die Genauigkeit ihrer Handgriffe sowie ihre Leistung und ihre Fähigkeit, nach den Regeln der Kunst zu arbeiten. Denn es gibt bestimmte Umgebungen, wie das Cockpit eines Flugzeugs zum Beispiel, wo mit der eingebauten Elektronik nicht zu spassen ist. Es ist daher notwendig, deren Sicherheit, Langlebigkeit und extreme Zuverlässigkeit zu garantieren.

Diese moderne Version der Compagnonnage, der Gesellenbruderschaft, hat in der Elektronik der Spitzenklasse ihr Betätigungsfeld gefunden, denn die Regeln für die Vergabe dieser Zertifizierungen, die alle zwei Jahre erneuert werden können, werden von Fachleuten, Technikern und Praktikern erarbeitet, die sich in kollegialer Weise regelmässig beraten, um mit der Entwicklung von Technologien und Praxis Schritt zu halten.

Ein Standard, der zu neuen Märkten führen kann

Es ist daher verständlich, dass einige Entscheider einen IPC-zertifizierten Partner verlangen, bevor sie einen Vertrag unterzeichnen. Bisher musste ein Mitarbeiter, der alle IPC-Zertifizierungen erlangen wollte, auf der Suche nach dem nächstgelegenen IPC Training Center die Grenze überqueren. Von nun an kann er seinen Lehrgang bei Capqua absolvieren, einer der GmbHs, also Sàrls, die mit ihrem Startup-Geist der Stolz der Microcity in Neuenburg sind.

So wie die Mitunternehmer der Uhrenindustrie davon träumen, neue Märkte auf anderen Gebieten der Hochpräzision zu erobern, so suchen umgekehrt die Flaggschiffe des Elektroniksektors aus Luft- und Raumfahrt, Automobilindustrie oder – höchstes der Gefühle – Medizintechnik nach Einstiegsmöglichkeiten bei der Uhrmacherei. Auch wenn sich letztere mehr auf mechanische Errungenschaften konzentriert, stellen die vernetzten Objekte eine Ausnahme dar, und vor allem eröffnen all die digital gesteuerten Maschinen sowie die Armada an Geräten für Tests, Qualitätskontrolle und Innovationsforschung ein weites Feld an Möglichkeiten, das die wenigen Unternehmensperlen der IT-Branche ergänzt, die historisch im gleichen Boden verwurzelt sind. Die IPC-Normen bergen also echtes Potenzial.

Eines Tages Swiss Made im Land der Motherboards?

Könnte es sein, dass das Phänomen der kleinen Uhrmacherhände, die zu goldenen Fingern werden, eines Tages auf das Know-how der Elektronikindustrie abfärbt? Auch wenn man hier ein wenig nachforscht, kommt man darauf, dass die ICP-Normen drei Qualitätsstufen unterscheiden und dass jede Stufe ihre eigenen Toleranzen hat. Und da Schweizer Unternehmen in der Branche eher zu den Spitzenreitern gehören, könnte der Erhalt der ICP-Zertifizierung ihnen eine kommunikative und operative Präsenz verleihen, durch die das Label Swiss Made auch im Land der Motherboards einen Mehrwert erlangt.

https://capqua.ch https://www.ipc.org/ http://www.swi.ch/

Microcity – erstes IPC Training Center in der Schweiz

Das IPC wurde 1957 als Institute of Printed Circuits gegründet und ist ein weltweiter Verband, der 2017 sein 60-jähriges Bestehen feierte. Es hat mehr als 3’000 Mitglieder, darunter so renommierte Institutionen wie die NASA. Es hat Normen entwickelt, die zu Massstäben oder sogar zur Pflicht für all jene geworden sind, die in den Bereichen Transport, Militär, Luftfahrt und persönliche Sicherheit arbeiten wollen … Überraschenderweise hinkt der medizinische Bereich hier immer noch hinterher, obwohl sich jede Art von eingebetteter Elektronik in der Medizintechnik diese Normierung zu eigen machen sollte, da sie für die menschliche Sicherheit unerlässlich ist. Neben der Netzwerk- und Lobbyarbeit hat die IPC über zugelassene Schulungszentren, die IPC Training Centers, ein Bildungssystem aufgebaut, das in der Lage ist, den Prozess zu überwachen, der zur Erteilung von IPC-Zertifizierungen führt. Das erste dieser Zentren in der Schweiz eröffnete vor kurzem in der Neuenburger Microcity seine Tore.

Von Capqua Ltd. zum ersten Swiss Electronics Cluster

Als der Maschinenbauingenieur Pierre Rogé beschloss, auf eigenen Beinen zu stehen, wandte er sich der Elektronik zu. Als er an dem unternehmerischen Wagnis De Havilland Watches mitwirkte, einer aus JDC Electronic, einem Hersteller von tragbaren Messgeräten, hervorgegangenen Marke, verfügte er durch seine Arbeit am Swiss Wielding Institute SWI (Schweizerisches Schweissinstitut) schon über eine erste Erfahrung in der Welt der Zertifizierung. Dort unterrichtete er und arbeitete bei der Vergabe der internationalen Zertifizierungen von IPC und ESA (Europäische Raumfahrtagentur) in den Bereichen Hartlöten und elektronische Baugruppen mit. In der Überzeugung, dass die Beherrschung dieser Disziplinen mehr Anerkennung verdient, gründete er 2021 einen Exzellenzpol, der alle Akteure der Elektronik zusammenbringen soll. Zu den Gründungsmitgliedern gehören die FSRM, die Schweizerische Stiftung für mikrotechnische Forschung und das GESO, das Groupement Electronique de Suisse Occidentale, jeweils unter dem Vorsitz von Philippe Fischer und Olivier de Loriol.

 

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